Vorrang der Kooperation vor der Konkurrenz

Die neoliberalen Ideologie preist die Allwissenheit des Marktes, auf der sich möglichst jede
von Menschen erbrachte Leistung der Konkurrenz stellen soll, damit das Beste oder der Beste
sich durchsetzen möge. Allerdings benennt der neoliberale Guru von Hajek Bedingungen, die
erfüllt sein müssen, damit der Markt diese Rolle wahrnehmen kann: ein gerechtes Verhalten der
Parteien auf dem Markt, das heißt, "ohne Betrug, Monopol oder Gewalt erzielte Wettbewerbspreise“.
Bereits aus der Eigenlogik des Neoliberalismus heraus werden die Idealvorstellungen auf real
existierenden Märkte offensichtlich nicht erfüllt. So charakterisiert bereits Adam Smith Unter-
nehmer als Menschen, "deren Interesse niemals genau mit dem öffentlichen Interesse überein-
stimmt und die im Allgemeinen darauf aus sind, die Öffentlichkeit zu täuschen“.

 

Das von der Evolution vorrangig genutzte Überlebensprinzip ist nicht Konkurrenz, sondern
Kooperation. Bereits niedere Lebensformen wenden kooperative Methoden an. So dienen Biofilme,
von Bakterien ab einer bestimmte Verdichtung ihres Auftretens gezielt erzeugt, als ein wirksamer
Schutz gegen Antibiotika. Unter dem Schirm des Biofilms betreiben sie in einen Gen-Austausch, um
durch forcierte Spezialisierung die Bandbreite der kollektiven Kompetenzen zu erhöhen, zugunsten
der Leistungsfähigkeit des Verbundes.
 
In spieltheoretischen Versuchen konnte David Axelrod nachweisen, dass Kooperation regelmäßig
erfolgreicher ist als konkurrierende Vorgehensweisen. Und so war der Markt in frühen Kulturen
ein friedlicher Ort des Austausches verschiedenartiger Güter, nicht die Arena, in der Gleichartiges
gegeneinander antreten musste, um einen fortan alleinherrschenden Sieger zu küren.
 
Die großartigsten Entwicklungsleistungen und innovativen Verhaltensweisen erwachsen
"nicht dem Gewinnen im Wettbewerb um Ressourcen, sondern dem Vermeiden von Konkurrenz".
Gerhard Roth

 

siehe Die Konkurrenzwirtschaft